Definition
„Im Rollenspiel werden – wie der Name sagt – mehr oder weniger offen definierte Rollen zur Richtschnur des Handelns in einer vorgestellten Situation.“
(Meyer & Junghans, 2021, S.350)
Kurzbeschreibung
„Im Rollenspiel werden reale Situationen, Probleme oder Konflikte nachempfunden oder vorausschauend bearbeitet.“ (Gurgel, 2011, S.87). Durch verschiedene Perspektiven sollen sich Schüler*innen intensiver mit einem Thema befassen. Besonders Empathie und soziale Kompetenzen stehen bei dieser Methode im Fokus. „Das Rollenspiel kann den Schüler*innen helfen, das Handeln der Mitmenschen und auch das eigene besser zu verstehen.“ (Meyer & Junghans, 2021, S.350). Innerhalb der Methode kann zwischen spontanem Rollenspiel und gelenktem Rollenspiel unterschieden werden. Das spontane Rollenspiel basiert auf Situationen, die aus dem realen Leben bereits bekannt sind. Die Ausgestaltung der Rollen ist relativ frei. Gelenkte Rollenspiele benötigen eine aufwändigere Vorbereitung, weil es genaue Anweisungen gibt und man sich detaillierter mit der Ausgestaltung auseinandersetzen muss.
(Mattes, 2011, S.162)
Ziele der Methode
- Das wichtigste Ziel der Methode ist die soziale Handlungskompetenz.
- Ein tieferes Verständnis über die sozialen und inhaltlichen Verhältnisse/Zusammenhänge wird entwickelt.
- Die kommunikative Kompetenz wird gestärkt.
- Die Unterscheidung zwischen einer realen Ausfüllung und einer Klischeeausfüllung einer Rolle.
- Die Überwindung der Angst vor sozialer Demütigung.
- Die Kreativität und Lust am Sprechen werden gefördert.
Ablauf
Vorbereitung:
Die Lehrkraft wählt ein geeignetes Problem, eine geeignete Fragestellung oder eine Situation aus, die als Rollenspiel ausgeführt werden soll. Die nötigen Regeln für ein respektvolles und konstruktives Rollenspiel werden der Klasse mitgeteilt. Es werden Rollen festgelegt, entweder von den Schüler*innen oder von der Lehrkraft. Es werden ausreichend Zeit und Materialien zum Eindenken in das Thema vorgegeben. Bilder, Texte, Skripte, Grafiken können hierbei hilfreich sein. Bei besonders schwierigen Themen oder Rollen kann gemeinsam gearbeitet werden.
Durchführung:
Die Schüler*innen spielen in ihren jeweiligen Rollen und spielen die Situationen. Beim Spielen der Rollen können sich die Beobachter*innen Fragen und Feedback notieren.
Abschluss:
Die Lehrkraft leitet die Reflexion. Die notierten Fragen und Feedbacks werden im Plenum besprochen. Auffällige Emotionen, Entscheidungen, Handlungsweisen, Herausforderungen und Unklarheiten werden angesprochen. Anschließend wird das Rollenspiel mit der ursprünglichen Thematik in Verbindung gebracht und verglichen.
(vgl.Gurgel, 2011, S.87), (vgl.Meyer & Junghans, 2021, S.352f)
Ablaufstrahl
Materialien
- Arbeitsblätter (Texte, Bilder, Skripte...)
- Materialvorlagen zur Erarbeitung der Rollen
- Verkleidungen
- Stifte
- evtl.Feedbackbögen
Dauer
Vorbereitungszeit: Je nach Altersstufe, Gruppengröße und Thema ca. 15–90 Minuten
Durchführungszeit: Je nach Altersstufe, Gruppengröße und Thema ca. 15–45 Minuten
Nachbereitungszeit: Je nach Altersstufe, Gruppengröße und Thema ca. 15–45 Minuten
Einsatzmöglichkeiten
Alter: universell einsetzbar
Fächer: universell einsetzbar, besonders geeignet bei Sprachen, Religion/Ethik und Kunst
Gruppengröße: für alle Gruppengrößen geeignet, bei großen Gruppen kann mit mehreren Gruppen parallel gespielt werden
Vorteile
- Die Schüler*innen stehen im Zentrum des Unterrichtsgeschehens.
- Wenig risikoreiches Handeln, da eine Rolle und nicht die eigene reale Person gespielt wird.
- Die Kreativität und Kommunikation werden gefördert.
- Die soziale Handlungskompetenz wird verbessert.
- Es entsteht eine reflektierte Betrachtung der eigenen Rolle und der der anderen.
- Die Empathiefähigkeit wird gestärkt.
(vgl.Mattes, 2011, S.162), (vgl.Meyer & Junghans, 2021, S.350), (vgl.Meyer, 2021, S.356)
Nachteile/Herausforderungen
- Die Methode ist sehr zeitaufwendig, besonders in der Vorbereitung und in der Reflexion.
- Für schüchterne und zurückhaltende Schüler*innen kann die Methode sehr herausfordernd sein.
- Es besteht die Gefahr, dass aus der Methode eine reine Spaßveranstaltung gemacht wird, die das Lernklima und die Klassenatmosphäre negativ beeinflussen kann.
- Die Schüler*innen verlieren sich in der Rolle und bleiben nicht authentisch.
- Eine klare und strukturierte Moderation wird benötigt, damit ein reibungsloser Ablauf ermöglicht wird.
Wichtige Fragen für die Methode
- Ist das Thema verständlich und lässt sich daraus ein Rollenspiel realisieren?
- Fühlt sich jede/r in seiner/ihrer Rolle wohl?
Sind noch (klare) Anweisungen nötig und ist Unterstützung notwendig?
- Ist genug Zeit (besonders für die anschließende Reflexion) eingeplant?
- Wurden die nötigen Regeln für ein respektvolles und konstruktives Rollenspiel festgelegt?
Unterstützungsmöglichkeiten
- Klare Ziele und Rollenaufgaben festlegen: Durch klare Rollenanweisungen und eine klare Zielformulierung des Rollenspiels wird sich zielgerichtet mit der Thematik auseinandergesetzt
- Rollenzuteilung kann anhand Interessen und Stärken der Schüler*innen bewusst oder durch Losverfahren neutral erfolgen
- Lehrkraft greift nur bei Bedarf steuernd ein, um den Ablauf zu strukturieren
- Gezielte Hinweise oder improvisierte Hilfestellungen bei Schwierigkeiten in der Einfindung der Rolle
- Ausreichend Materialien und Requisiten können zur authentischeren und greifbareren Umsetzung beitragen
(mithilfe von ChatGPT)
Praxisbeispiel
Sozialkunde in der 10. Klasse an einem Gymnasium.
Thema: Das Thema „Verhandlung und Kompromissfindung in der Politik“ soll anhand einer simulierten Klimakonferenz behandelt werden.
Vorbereitung:
Zu Beginn erklärt die Lehrkraft den Ablauf und die Regeln des Rollenspiels. Besonders betont sie, dass ein respektvoller Umgang wichtig ist. Sie sorgt für eine Atmosphäre, die die Konzentration auf die jeweiligen Rollen ermöglicht.
Die Klasse wird in verschiedene Gruppen aufgeteilt, die verschiedene Rollen übernehmen:
- Regierungen von Industrieländern wie USA, Deutschland …
- Regierungen von Entwicklungsländern wie Kenia, Bangladesch …
- Regierungen von Schwellenländern wie Indien, Brasilien …
- Vertreter*innen der Wirtschaft, wie Industrie- und Energiekonzerne …
- Vertreter*innen von Organisationen wie Greenpeace, Fridays for Future …
Jede Gruppe bereitet ihre jeweilige Position zum Thema „Reduktion von CO₂-Emissionen“ vor.
Die Lehrkraft teilt dazu Materialien wie Statistiken, Texte und wichtige Informationen aus. Jede Gruppe arbeitet anhand dieser Materialien unterschiedliche Argumente, Forderungen und Kompromisse aus.
Die Zeit: Eine Doppelstunde wird klar kommuniziert, dass sich in die jeweilige Rolle eingefunden werden kann.
Durchführung:
Die Klasse simuliert die Klimakonferenz. Die Schüler*innen verhandeln miteinander über Maßnahmen zur Reduktion von CO₂-Emissionen. Jede Gruppe versucht dabei, die eigenen Interessen durchzusetzen, es werden jedoch auch Kompromisse gefunden. Der/die vorher festgelegte Leiter/in greift bei zu weit gehenden Streitereien ein und versucht, die Atmosphäre möglichst ruhig und entspannt zu halten.
Die beobachtenden Schüler*innen notieren Fragen und Feedback zu den Argumenten und Verhandlungen.
Abschluss:
Die Lehrkraft leitet die Reflexionsrunde ein. Fragen und Feedback der Beobachter*innen werden besprochen und auf die Lösung der Verhandlung wird eingegangen. Mögliche alternative Lösungen werden im Plenum diskutiert. Schwierigkeiten und positive Aspekte der „Verhandlung und Kompromissfindung in der Politik“ werden besprochen.
(mithilfe von ChatGPT)
Podcast by NotebookLM®
Schüler*innen werden zu Schauspieler*innen. Ganz einfach! Oder doch nicht?
Quellen
Peterßen, W. H. (1999). Kleines Methoden-Lexikon. München: Oldenbourg.
http://methodenpool.uni-koeln.de/download/rollenspiele.pdf#page=6.45
https://lehrerfortbildung-bw.de/st_if/bs/if/unterrichtsgestaltung/methodenblaetter/rollenspiel.html
https://www.bpb.de/lernen/methoden/46890/4-rollenspiel/
ChatGPT