Definition
„Planspiele simulieren Konfliktfälle aus der Alltagswirklichkeit oder aus gesellschaftlichen internationalen Problemlagen.“
(Gugel, 2011, S.110)
Kurzbeschreibung
„Im Planspiel simuliert die gesamte Klasse den Ablauf einer Problem- bzw. Konfliktsituation vom Ausgangspunkt bis zur Entscheidungsfindung.“ (Mattes, 2011, S.164)
Es sind mehrere Gruppen am Planspiel beteiligt, die sich am Konflikt beteiligen und ihn aus der jeweils anderen Sicht wahrnehmen. Die Lösungen sind von rechtlichen Rahmenbedingungen abhängig. Die Rollen, beispielsweise Politiker, Wissenschaftler usw., versuchen ein Problem zu lösen oder ein Ziel zu erreichen. Falls dies allein nicht möglich sein sollte, sind Entscheidungen in anderen Gruppen, wie Ausschüsse oder Beiräte notwendig. Planspiele spiegeln nicht die Wirklichkeit, sie bilden sie modellhaft ab. Die Teilnehmer*innen üben die Handlungsorientierung und das kooperative Lernen und das Verständnis für komplexe Zusammenhänge und die (eigene) Reflexion über Entscheidungen und deren Konsequenzen werden gefördert. Außerdem wird der Blick auf Mitgestaltungsmöglichkeiten erweitert, die Wichtigkeit der Partizipation an der Gesellschaft und (Entfaltungsmöglichkeiten in der) demokratische Werte werden vermittelt. Im Unterschied zum Rollenspiel, indem es Beobachter und Schauspieler gibt, nehmen alle Mitglieder am Planspiel teil.
(vgl. Mattes, 2011, S.164f), (vgl. Gugel, 2011, S.110f)
Ziele der Methode
- Fördern der Problemlösekompetenz durch das Erleben realitätsnaher Situationen.
- Soziale Kompetenzen wie Kommunikationsfähigkeit, Verhandlungsgeschick, Teamarbeit, Empathie und Reflexion werden entwickelt.
- Förderung von Entscheidungsfähigkeit, Zielstrebigkeit und Selbststeuerung.
- Verständnis für komplexe, gesellschaftliche, politische oder wirtschaftliche Zusammenhänge entsteht.
- Langzeiterinnerung an das Planspiel.
Ablauf
Vorbereitung:
Die Lehrkraft wählt ein Szenario bzw. in Problem aus und entwickelt die Rahmenbedingungen des Planspiels. Anschließend arbeitet sie Rollen und Aufgaben schriftlich aus, damit jede Rolle klare Ziele, Interessen und Handlungsmöglichkeiten enthält. In dieser Phase werden auch wichtige Hintergrundinformationen, Regeln und Ablaufpläne erstellt.
Durchführung:
Die Lehrkraft stellt der Klasse die Methode als Ganzes vor. Der Ablauf und der Sinn der Methode sind dabei besonders wichtig. Anschließend werden in der Regel fünf verschiedene Gruppen gebildet. Die jeweiligen Gruppen setzen sich mit den Spiel- und Rollenunterlagen auseinander. Dies kann auch als Hausaufgabe verlagert werden. Danach bereiten sich die Gruppen nochmal gemeinsam auf das Spiel vor, indem ein gemeinsamer Austausch stattfindet. Dabei wird (nochmal intensiv) über die konkreten Ziele, Aufgaben, Entstehung der Situation, Vorgeschichte und besondere Ereignisse gesprochen. Es folgt die Spielphase, in der das Planspiel durchgeführt wird. Die Teilnehmer*innen versuchen bestmöglich ihre Rolle zu verkörpern und ihre Interessen durchzusetzen, Konflikte zu lösen und Entscheidungen zu treffen. Die Lehrkraft moderiert das Planspiel und unterstützt bei nötigen Unklarheiten und bei Bedarf. Das Ergebnis, wie eine Lösung oder ein Beschluss, wird dokumentiert oder präsentiert.
Abschluss:
In der Auswertung des Planspiels können die Teilnehmer*innen die Ergebnisse und Lösungen des Spiels diskutieren und reflektieren. Es wird auf die einzelnen Rollen und deren Entscheidungsfindung zurückgeblickt. Weitere mögliche Lösungsalternativen werden diskutiert. Die Lehrkraft fasst die Erkenntnisse aus der Methode zusammen und schafft den Bezug zur realen Welt oder zu den Lernzielen.
Die Lehrkraft hat während der Methode mehrere Funktionen: zuerst agiert sie als Moderator*in, anschließend unterstützt und berät sie die einzelnen Gruppen. Beim Spielen des Planspiels ist sie Moderator*in, in der Auswertung dokumentiert sie die Ergebnisse, stellt die Erkenntnisse vor und verbindet das Planspiel mit der Realität.
Ablaufstrahl
Materialien
nach Günther Gugel:
„Spielschritt-Formblätter, Rolleninformationen für die Gruppe, Ausgangslage, Auswertungsfragebögen, Kohlepapier für die Druckschrift der Nachrichten, Schnellhefter, für jede Spielgruppe einen eigenen Raum, Schilder für die Bezeichnung der Gruppenräume.“ (Gugel, 2011, S.111)
Dauer
Vorbereitungszeit: Je nach Altersstufe, Gruppengröße und Thema ca. 1-3 Stunden
Durchführungszeit: Je nach Altersstufe, Gruppengröße und Thema ca. 60-120 Minuten
Abschlusszeit/Nachbereitung: Je nach Altersstufe, Gruppengröße und Thema ca. 30- 60 Minuten
Einsatzmöglichkeiten
Alter:Ab der Sekundarstufe 1 ist ein Einsatz möglich. Besonders geeignet ist das Planspiel aber für die Sekundarstufe 2.
Fächer: In Sozialkunde, Geschichte und Wirtschaft eignet sich der Einsatz des Planspiels. Aber auch in Fächern wie Deutsch für Lese- und Argumentationstrainings und in Fremdsprachen wie beispielsweise Englisch oder Französisch eignet sich das Planspiel.
Gruppengröße: für alle Gruppengrößen geeignet
Vorteile
- Die Vermittlung von Faktenwissen wird erleichtert.
- Fördern der Motivation.
- Fokus auf die Teilnehmer*innen und nicht auf die Lehrkraft.
- Realitätsnahes und praktisches Lernen durch aktive Rollenübernahme.
- Empathie und Entscheidungsfähigkeit wird gefördert.
- Komplexe und kontroverse Themen können verständlich vermittelt werden.
- Alle Teilnehmende nehmen aktiv am Geschehen teil.
- Kommunikationsfähigkeit und soziale Kompetenzen werden gefördert.
(vgl. Mattes, 2011, S.165), (vgl. Gugel,2011, S.111)
Nachteile/Herausforderungen
- Fehlen möglicher Voraussetzungen zur erfolgreichen Durchführung der Rollen.
- Disziplin von allen Teilnehmenden gefordert.
- Festgelegte Regeln und Spielkarten verhindern mögliche Spontanität.
- Zeitintensiver Aufwand für die Lehrkraft.
- Gefahr, dass dominante Teilnehmende das Planspiel dominieren und Ergebnisse negativ beeinflussen.
- Komplexität der Methode kann zu Überforderung führen.
- Ergebnisse können surreal auf die Wirklichkeit übertragen werden.
Wichtige Fragen für die Methode
- Ist das Szenario realitätsnah und motivierend für die Teilnehmenden?
- Sind Rollen klar definiert und mit ausreichenden Informationen ausgestattet worden?
- Ist genug Zeit für alle Phasen eingeplant/vorhanden?
- Sind alle Teilnehmende am Geschehen beteiligt?
- Wie sind Ergebnisse und Erkenntnisse aus der Methode nach der Durchführung nutzbar?
Unterstützungsmöglichkeiten
- Verdeutlichen, warum das Planspiel durchgeführt wird
- Szenario, Spielregeln und Idee klar und transparent erläutern
- Benötigten Materialien zur Verfügung stellen
- Rollenverteilung passend zu den Schüler*innen verteilen
- Begleitendes Eingreifen der Lehrkraft als Hilfestellung bei Problemen
- Klare Zeitangabe im Vorfeld festlegen
- Ergebnisse auf Visualisierungsplattformen (Tafel…) dokumentieren
- Bezug zur (realen) Lebenswelt herstellen: schüler*innen- und praxisorientiert handeln
- Differenzierung durch einfachere und schwierigere Rollen ermöglichen
- Emotionale Reflexion ermöglichen
- Aufkommende Fragen und Unklarheiten durch Allgegenwärtigkeit klären
(mithilfe von ChatGPT)
Praxisbeispiel
Sozialkunde (GPG) in der 9.Klasse an einer Mittelschule.
Thema: Wie lösen wir ein Müllproblem in unserer Gemeinde?
Vorbereitung:
Die Lehrkraft stellt das Szenario Müllproblematik in der Gemeinde vor: Die Schüler*innen sollen in einem (nicht realen) Gemeinderat eine Lösung für das zunehmende Müllproblem entwickeln und diskutieren.
In der Gemeinde häuft sich die Verschmutzung öffentlicher Plätze, fehlende Mülleimer und illegale Müllentsorgung. Die Gemeinde hat ein begrenztes Budget für neue Maßnahmen.
Es werden die Ziele des Planspiels von der Lehrkraft formuliert: Es soll eine Lösung gefunden werden, die sowohl praktisch als auch bezahlbar und realistisch umsetzbar ist.
Die Klasse wird in fünf Gruppen eingeteilt, die unterschiedliche Interessensgruppen repräsentieren:
Gemeinderat: Entscheidet abschließend über Lösungsvorschläge.
Anwohner*innen: Beschweren sich über die Verschmutzung und fordern Maßnahmen.
Umweltschutzgruppe: Setzt sich für Mülltrennung, Recycling und saubere Grünflächen ein.
Wirtschaftsvertreter*innen: Wollen zusätzliche Kosten vermeiden, haben jedoch Interesse an einem sauberen Ortsbild für Kunden.
Jugendvertretung: Möchte Treffpunkte für Jugendliche erhalten und auf die Bedürfnisse junger Menschen eingehen.
Die Lehrkraft bereitet Rollenkarten mit Zielen und Interessen der Gruppen, Budgetübersichten für mögliche Maßnahmen (z. B. neue Mülleimer, Müllkampagnen, Strafen) und Hintergrundinformationen zur Müllproblematik vor.
Durchführung:
Die Lehrkraft erklärt den Ablauf des Planspiels: Jede Gruppe entwickelt Lösungsvorschläge aus ihrer Sicht.
Die Gruppen lesen ihre Rollenkarten und tauschen sich aus, um gemeinsame Argumente zu formulieren.
Spielphase:
Jede Gruppe präsentiert ihre Position und Lösungsvorschläge.
(Beispiele: Die Umweltschutzgruppe fordert Recyclingstationen und öffentliche Aufklärungskampagnen; die Wirtschaftsvertreter schlagen vor, dass Betriebe „Müllpatenschaften“ übernehmen; die Jugendvertretung schlägt mehr Mülleimer an Jugendtreffpunkten vor.)
Die Gruppen verhandeln, um ihre Ideen zu verteidigen und Kompromisse zu finden.
Der „Gemeinderat“ entscheidet über einen Maßnahmenplan.
Es werden (von der Lehrkraft) die getroffenen Beschlüsse und Lösungsvorschläge an der Tafel oder auf Plakaten dokumentiert.
Abschluss:
Die Schüler*innen diskutieren, welche Ideen besonders überzeugend waren (und warum), welche Interessen nicht durchgesetzt werden konnten (und warum).
Anschließend wird ein Bezug zur realen Welt hergestellt: „Wie werden Entscheidungen in eurer Gemeinde getroffen? Welche Rolle spielen unterschiedliche Interessen?“
Dieses Thema wird in der darauffolgenden Unterrichtsstunde besprochen.
(mithilfe von ChatGPT)
Podcast by NotebookLM®
Eine komplexe Methode einfach erklärt: Hier geht's ums Planspiel:
Quellen