Definition
„Das Tagebuchschreiben ist eine Form des schriftlichen Nachdenkens. Es kann viele Zwecke erfüllen: Es dient dazu, Beobachtungen, Erfahrungen und Ideen festzuhalten, um an diese anzuknüpfen und über sie zu reflektieren.“
(Reich, K. (Hg.): Methodenpool. In: url: https://www.uni-koeln.de/hf/konstrukt/didaktik/tagebuch/frameset_tagebuch.html)
Kurzbeschreibung
Die Tagebuchmethode ist eine schriftliche Form, die regelmäßig geführt wird und zur Reflexion dient. Es ermöglicht Schüler*innen, Lerninhalte, Emotionen, Herausforderungen und Erfolge zu dokumentieren. Dabei werden das Bewusstsein des Fortschritts, die Selbstreflexion und das Planen des eigenen Lernens gefördert. Tagebücher können individuell gestaltet werden und je nach Unterrichtsziel unterschiedlich geführt werden.
Ziele der Methode
- Unterstützung bei der Planung und Organisation des eigenen Lernprozesses
- Förderung der Schreibkompetenz
- Bewusstseinsförderung des eigenen Lernfortschritts und aktueller Herausforderungen
- Förderung der Selbstreflexion und des kritischen Denkens
Ablauf
Vorbereitung:
Zu Beginn erklärt die Lehrkraft in einer Einführung den Ablauf und Sinn der Methode. Eine klare Struktur der Einträge und ein Abgabezeitraum werden hierbei festgelegt. Aufkommende Fragen und Unklarheiten werden geklärt. Materialien, wie nötige Blätter oder digitale Tools, werden bereitgestellt.
Durchführung:
Die Schüler*innen arbeiten selbstständig an dem Tagebuch weiter. Dies kann auch zwischen mehreren Unterrichtsphasen und in mehreren Fächern erfolgen. Wichtig hierbei sind die Regelmäßigkeit und die Routine des Tagebucheintrags (beispielsweise zu Beginn, während oder nach der Unterrichtsstunde/Unterrichtseinheit).
Die Schüler*innen gestalten das Tagebuch vielseitig und abwechslungsreich. Neben Texten können Bilder, Zeichnungen, Grafiken, Mindmaps oder weitere kreative Elemente verwendet werden. Die Tagebucheinträge können mit der Lehrkraft oder mit anderen Mitschüler*innen optional je nach Vertiefung des Themas besprochen werden.
Abschluss:
Nach der Abgabe des Tagebuchs findet eine Reflexion statt, in der Schüler*innen den Ablauf und ihre Bearbeitung des Tagebuchs bewerten. Die Lehrkraft kann Feedback geben, wobei die individuelle Bearbeitung des Tagebuchs respektiert wird.
Optional kann das Tagebuch als Leistungsnachweis bewertet werden. Dabei muss aber vorher ein detaillierter Kriterien-/Bewertungskatalog erstellt werden. Ein individueller Charakter des Lerntagebuchs ist besonders wichtig, deshalb ist eine Bewertung individueller Ansichten schwierig.
Ablaufstrahl
Materialien
- Ordner/Mappe
- Tagebuchhefte oder Notizbücher
- Stifte oder digitale Tools
- Reflexionsbögen
Dauer
Vorbereitungszeit: Je nach Thema: 10–20 Minuten
Durchführungszeit: Je nach Thema: ca. 5–30 Minuten pro Tagebucheintrag
Abschlusszeit/Nachbereitung: Je nach Länge des Tagebuchs ca. 20–30 Minuten
Einsatzmöglichkeiten
Alter: universell einsetzbar
Fächer: universell einsetzbar
Gruppengröße: für alle Gruppengrößen geeignet
Vorteile
- Unterstützung bei der emotionalen Verarbeitung von Lernprozessen
- Verbesserung der Schreibfähigkeit
- Individuelle Reflexion über den Lernprozess
- Förderung der Selbstständigkeit und Eigenverantwortung
- Dokumentation des Lernprozesses über einen längeren Zeitraum
Nachteile/Herausforderungen
- Zeitaufwand für die Lehrkraft bei der Kontrolle
- Regelmäßige und strukturierte Durchführung
- Mangelnde Motivation, emotionale Reaktionen oder persönliche Empfindungen zu dokumentieren
Wichtige Fragen für die Methode
- Ist der Ablauf der Methode klar und verständlich?
- Wie oft und wann sollen die Einträge erfolgen?
- Wird die persönliche und individuelle Bearbeitung des Tagebuchs respektiert?
- Welchen Nutzen kann ein Tagebuch für das Individuum nach der Bearbeitung haben?
- Wie wird mit Schreibblockaden umgegangen und werden Schüler*innen ausreichend unterstützt?
Unterstützungsmöglichkeiten
- Beispiele vorstellen, um eine Orientierung zu geben
- Festlegen von festen Zeiten für das Schreiben des Tagebuchs
- Vorgaben machen, wie Einträge gestaltet werden können (Was/Wie habe ich gelernt?, Welche Schwierigkeiten hatte ich?)
- Raum für individuelle Gestaltung geben (Bilder, Farben, Symbole …)
- Differenzierung in Reflexionsfragen und Zusatzaufgaben ermöglichen
- Persönlichen Freiraum ermöglichen (kreative Aufgaben ohne Musterlösung)
(mithilfe von ChatGPT)
Praxisbeispiel
Deutsch in der 9. Klasse an einem Gymnasium.
Thema: Die Lektüre „Die Welle“ von Morton Rhue wird in Deutsch behandelt.
Vorbereitung:
Die Lehrkraft stellt die Methode Tagebuch vor und erklärt den Ablauf und das Ziel: die Gedanken, Erkenntnisse und Fragen während der Bearbeitung des Buchs schriftlich festzuhalten.
Die Lehrkraft legt eine Struktur der Einträge fest:
1. Datum, Kapitelangabe
2. Kurze Zusammenfassung des Kapitels
3. Persönliche Eindrücke und Gedanken
4. Fragen, Schwierigkeiten und Unklarheiten zum Text
Die Schüler*innen erhalten Materialien (z. B. Hefte) für die Tagebucheinträge. Der Abgabezeitraum wird von der Lehrkraft festgelegt.
Durchführung:
Die Schüler*innen arbeiten selbstständig an ihrem Tagebuch. Dies erfolgt auch als Hausaufgabe. Beispiele für Tagebucheinträge:
(Kapitel 4: „Ich war schockiert, wie schnell die Schüler*innen sich von der Bewegung begeistern lassen. Es erinnert mich an Gruppenzwang, den ich selbst erlebt habe, als ich eine Sportgruppe wechseln wollte. Warum folgen manche Menschen so leicht anderen, ohne selbst zu denken?“
Kapitel 8: „Die Idee, dass Disziplin und Einheit die Klasse verbessern, klingt zuerst sinnvoll, aber ich frage mich, wo die Grenze liegt. Wie kann man verhindern, dass so etwas außer Kontrolle gerät?“)
Abschluss: Nach der Abgabe des Tagebuchs gibt die Lehrkraft individuelles Feedback. (beispielsweise: „Deine Verbindung zwischen Gruppenzwang und den Ereignissen im Buch zeigt, dass du dich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt hast.“)
Anschließend erfolgt eine Reflexion über den Schreibprozess bei der Erstellung eines Tagebuchs. (positive Aspekte, Schwierigkeiten, Verbesserungsvorschläge …)
(mithilfe von ChatGPT)
Podcast by NotebookLM®
Hilfreich für alle und transparent: das gute alte Tagebuch:
Quellen
Reich, K. (Hg.): Methodenpool. In: url: https://www.uni-koeln.de/hf/konstrukt/didaktik/tagebuch/frameset_tagebuch.html
ChatGPT
Bild: Google Gemini